Gemeinsam lernen – gemeinsam lehren
von Rheumabetroffenen
Der Startschuss für das neue Projekt „Rheuma hautnah“, das von Dr. Sandra Bachmann, Professorin für pflegerische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien an der hsg Bochum, geleitet und von Jens Riede als wissenschaftlichem Mitarbeiter begleitet wird, fiel mit der konstituierenden Sitzung der Projektbeteiligten der hsg Bochum und der Deutschen Rheuma-Liga NRW. Die Deutsche Rheuma-Liga NRW war vertreten durch Elisabeth Stegemann-Nicola, die selbst von einer rheumatischen Erkrankung betroffen und im Vorstand aktiv ist sowie sich ehrenamtlich als Beraterin für Rheumakranke engagiert, und dem Geschäftsführer Ulf Jacob. Das zweijährige Projekt wird gefördert von den AOKen NordWest und Rheinland/Hamburg.
Der rheumatische Formenkreis umfasst über 100 verschiedene rheumatische Erkrankungen. Rund 17 Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen (Quelle: Deutsche Rheuma-Liga). Ziel von „Rheuma hautnah“ ist es, von einer rheumatischen Erkrankung Betroffene zu schulen, damit sie Auszubildenden medizinischer Fachberufe ihr Erfahrungswissen in Vorträgen vermitteln und in den Ausbildungsstätten qualifiziert die Auswirkungen der Erkrankungsbilder des rheumatischen Formenkreises auf ihre Lebenswirklichkeit und auf Pflege- und Behandlungssituationen darstellen können. Die darauf zugeschnittenen Unterstützungsangebote der Deutschen Rheuma-Liga werden vorgestellt. Das Engagement der rheumakranken Menschen wird ehrenamtlich erfolgen.
„Die Expertise von Betroffenen mit einer rheumatischen Erkrankung stellt nicht nur eine wichtige Säule für andere Betroffene dar, sondern ist auch in der Ausbildung und im Studium der Gesundheitsfachberufe von Bedeutung“, erklärt Jens Riede.
Diese besondere Bedeutung konkretisiert Elisabeth-Stegemann-Nicola als „Weitergabe des Expertenwissens von Betroffenen, um die Auszubildenden für die besonderen Bedürfnisse rheumakranker Menschen zu sensibilisieren und damit langfristig deren therapeutische und pflegerische Versorgung zu verbessern“.
Kontakt: Deutsche Rheuma-Liga NRW, Bettina Teutenberg, teutenberg@rheuma-liga-nrw.de
Nach internationalen Schätzungen ist eins von tausend Kindern von einer chronischen rheumatischen Erkrankung betroffen. Die rheumakranken Kinder und Jugendlichen machen daher nur einen kleinen Teil des etwa
10 %-igen Anteils der chronisch kranken Schülerinnen und Schüler aus. Gerade aus diesem Grund ist die Kenntnis über die Besonderheiten dieser mit vielen Vorurteilen behafteten Erkrankung wichtig. Denn für Außenstehende ist meist nicht sichtbar, welche großen Hürden die erkrankten Kinder und Jugendlichen überwinden müssen.
Die rheumatische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen (Juvenile Idiopathische Arthritis – JIA) ist eine schwere Autoimmunerkrankung, die schubweise verläuft. Gute und schlechte Phasen wechseln sich nicht berechenbar ab. Die Erkrankung greift tief in den Alltag einer betroffenen Familie ein und bedarf einer langwierigen Behandlung. Nur hochwirksame Medikamente ermöglichen es, schwere rheumatische Schübe zu verhindern oder sie wenigstens hinauszuzögern oder abzumildern. Die erkrankten Kinder und Jugendlichen haben mit den Nebenwirkungen der Medikamente zu kämpfen, mit Krankheitsgefühl, mit Bewegungseinschränkungen und Gelenkzerstörung, oft mit einer Sehbehinderung, vor allem aber mit Schmerzen.
Alle Kinder und Jugendlichen möchten innerhalb ihrer Bezugsgruppe nicht auffallen oder durch eine Besonderheit herausragen. Zu den Folgen des Krankheitsbildes gehören jedoch immer wiederkehrende, oft hohe, in jedem Fall aber unregelmäßige Fehlzeiten während der gesamten Schulzeit. Dies macht den Umgang mit Rheuma in der Schule nicht gerade einfach. Doch eine positiv verlaufende schulische Ausbildung ist gerade für chronisch kranke junge Menschen wichtig, denn ihre berufliche Perspektive kann gegenüber gesunden Schülerinnen und Schülern stark eingeschränkt sein.
Angesichts des breiten Spektrums unterschiedlichster Voraussetzungen und Einschränkungen muss für Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder Benachteiligungen ein Nachteilsausgleich individuell nach den jeweiligen Erfordernissen in Absprache mit den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern gewährt werden. Es reicht keinesfalls aus, bei Prüfungen lediglich eine Zeitzugabe zu gewähren. Wichtig ist eine umfassende Förderung unter Berücksichtigung der individuellen Einschränkungen. Viele betroffene Schülerinnen und Schüler überspielen ihre Einschränkungen und benennen sie nicht, um nicht aufzufallen. So kann es schnell zu teils erheblichen Überforderungen kommen. Einen ersten Eindruck Ihrer Möglichkeiten erhalten Sie über die Liste der Nachteilsausgleiche, die hierfür Beispiele nennt. Darüber hinaus ist es jedoch wünschenswert, bei allen Schülerinnen und Schülern mit einer rheumatischen Erkrankung individuell zu prüfen, welche besonderen Erfordernisse und Anpassungen für eine Normalisierung und Erleichterung des Schulalltags notwendig sind.
Wenn Sie weitere Informationen oder praktische Unterstützung wünschen, berät Sie gern unser Fachkraft Annelie Schütte.
Kontakt aufnehmenDie Deutsche Rheuma-Liga hält Informationsmaterial zu unterschiedlichen Diagnosen und Lebenssituationen für Betroffene bereit.
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Sie sind Dozent oder Ausbilder und möchten Ihren Studenten bzw. Schülern die Rheumatologie näher bringen.
Die Deutsche Rheuma-Liga hält Informationsmaterial zu unterschiedlichen Diagnosen und Lebenssituationen für Betroffene bereit. Gerne senden wir Ihnen kostenlos Informationsmaterial zu, freuen uns aber über jede Spende!
InformationsmaterialWir klären dann mit Ihnen gemeinsam, welches Material für Ihren Unterricht sinnvoll ist. Da uns viele derartiger Anfragen erreichen, haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir Ihnen die Bröschüren nicht als Klassensatz, sondern nur als Kopiervorlage zur Verfügung stellen können. Flyer und Merkblätter
Dies ist eine Möglichkeit, Ihre Studenten/Schülern über den rheumatischen Formenkreis zu informieren. Nachhaltiger und wirkungsvoller ist es, wenn eine Betroffene ihre ganz persönliche Geschichte mit der rheumatischen Erkrankung erzählt – wann die Krankheit ausgebrochen ist, wann sie diagnostiziert wurde, welche Behandlungen sie schon hinter sich hat, welche Einschränkungen die Erkrankung im alltäglichen Leben mit sich bringt. Dies übernehmen gerne unsere Patient Partners. Dies sind geschulte Patientinnen, die in speziellen Ausbildungskursen auf die Aufgabe vorbereitet wurden, Partner in der Ausbildung von Medizinern und medizinischem Fachpersonal zu sein. Haben Sie Interesse, eine Unterrichtsstunde mit einer Betroffenen zu gestalten?
Kontakt aufnehmenGeschulte Patientinnen als Partner in der Aus- und Fortbildung vön Ärztinnen und Ärzten – das ist die Idee des Patient-Partners-Projektes, das die Deutsche Rheuma-Liga zusammen mit der Arthritis Action Group – einem Zusammenschluss von Rheumatologen – und der Firma Pfizer im Jahr 2007 in Deutschland gestartet hat.
Die geschulten Patientinnen stellen ihre Hände zum Abtasten zur Verfügung und zeigen Ärzten und Medizinstudenten, wie man eine rheumatische Hand richtig untersucht, worauf der Arzt zu achten hat und was er über einen Betroffenen und dessen Leben mit Rheuma wissen sollte. In einer Kleingruppe von ca. fünf Ärzten übernimmt die geschulte Patientin die Rolle eines Trainers. Sie stellt sich kurz vor und schildert ihre ganz persönliche Geschichte mit der rheumatischen Erkrankung: wie die Krankheit ausgebrochen ist, wann sie diagnostiziert wurde, welche Behandlungen sie schon hinter sich hat, wie es ihr im Moment geht, welche Medikamente sie einnimmt und welche Einschränkungen die Erkrankung im alltäglichen Leben mit sich bringt. Danach fordert sie in einem Rollenspiel die Ärzte auf, einen neu betroffenen Patienten mit Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung zu untersuchen und die entsprechenden Fragen zu stellen. Immer wieder gibt sie den Teilnehmern Rückmeldungen, was gut gemacht wurde, was man verbessern kann und welche Frage noch wichtig wäre.
Für die Ärzte ist das eine Gelegenheit, im kleinen persönlichen Rahmen das Abtasten zu erproben und einem Betroffenen Fragen zu stellen, die man als Arzt dem eigenen Patienten vielleicht nicht stellen würde. Unsere geschulten Patientinnen übernehmen mit ihrer Erkrankung und ihren persönlichen Fähigkeiten eine positive und wichtige Rolle, um zur Verbesserung der rheumatologischen Versorgung beizutragen.
Im April 2009 startete die Deutsche Rheuma-Liga NRW in Zusammenarbeit mit der Rheumatologie der Uni Düsseldorf das erste Pilotprojekt, um auch den Medizinstudenten die Rheumatologie durch einen geschulten Patienten nahe zu bringen.
Eine Vielzahl der geschulten Patientinnen und Patienten mit verschiedenen rheumatischen Erkrankungen kann für die medizinische Fort- und Weiterbildung und für Vorträge in Kranken- und Pflegeschulen angefragt werden. Als Aufwandsentschädigung bitten wir um die Übernahme der Fahrtkosten der Patient Partners und um eine Spende an deren örtliche Arbeitsgemeinschaft.
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